Aktuelles

Stellungnahme zum Dioxin-Lebensmittelskandal vom Januar 2011

Die Lebensmittelbelastungen mit chlorierten Dioxinen, Furanen und polychlorierten Biphenylen sind systembedingt: Die Chemieindustrie produziert ständig chlorierte Kohlenwasserstoff-Produkte, wie Flammschutzmittel, Pestizide, PVC-Bodenbeläge und Baustoffe, und „entsorgt“ damit das giftige Chlor, das bei der Herstellung von Seifen und Waschmitteln anfällt. Als Nebenprodukte entstehen zwangsläufig die hochgiftigen Dioxine. Diese gehören zum so genannten „Dreckigen Dutzend“ der giftigsten Stoffe, die seit den 1990-er Jahren in der EU verboten sind. Lücken im Futtermittelgesetz erlauben sogar die Entsorgung von Giftstoffen in Futtermitteln für die Nutztierhaltung, die damit in die Nahrungskette gelangen und in der Bevölkerung „verdünnt“ werden.  Dioxine entstehen außerdem im Abgas der Müllverbrennungsanlagen. Da diese Stoffe chemisch sehr stabil und gleichzeitig fettlöslich sind, reichern sie sich im Fettgewebe und besonders im Gehirn an. Dort stehen sie in Verdacht, chronisch degenerative Hirnkrankheiten, also die Demenz, zu verursachen. Die rasante Zunahme der Demenzkrankheiten in den letzten Jahren beruht nicht nur auf der Zunahme des Altenanteils der Bevölkerung, sondern auf der schleichenden chronischen Vergiftung durch langlebige neurotoxische Chemikalien. In Tierversuchen wurden schädigten die Dioxine das Immun- und Nervensystem, die Fortpflanzungsfunktionen und den Hormonhaushalt, wie selbst das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) in einer Presseerklärung zugibt (dpa, 5.1.11, WT).  Chlorierte Dioxine sind also viel giftiger, als die Behörden bei ihren Abwiegelungsmanövern weismachen wollen. Die Verdummungstaktik von Industrie und Behörden soll das Gefahrenpotential von Dioxin und die Verursacher der Schweinerei, darunter die profitorientierte Chemie-Industrie, verschleiern, ebenso wie  die Tatsache, dass die Dioxin-Verseuchung der Futtermittel nichts anderes darstellt als einer der Wege der Giftmüllentsorgung durch die Industrie (siehe auch Gerd Billen von der Verbraucherschutzzentrale Berlin, im WT-Interview 5.1.11).
(Literatur:
Die Angaben beziehen sich auf Presse-, Radio-, Fernseh-Meldungen vom 2.-6.Juni 1999 zum 11. Dioxin-Skandal in Belgien, Juni 99: Spiegel 23, 7.6.99, S. 68;  dpa-Meldungen in WK, 7.6.99, und 9.6.99, 12.6.99, Spiegel 24, 14.6.99,  Natur + Kosmos 8, 1999, 15, nach U. Pollmer, sowie vielfältige Pressemeldungen bis Anfang 2011)
Buch: Hill, H.U.: Umweltschadstoffe und Neurodegenerative Erkrankungen des Gehirns (Demenzkrankheiten). 2. Aufl. 2010, Shaker-Verlag Aachen, ISBN 978-3-8322-9503-5).
Dr. H.U. Hill, Wiesbaden

Bericht von der umweltmedizinischen Tagung "Chronische Multisystem-Erkrankungen" in Würzburg vom 29-30.11.08

Gesundheitstage 22. und 23.8.08 am Rathaus in Wiesbaden:
erschreckende Erfahrungen!

An den genannten Tagen hatte unsere Selbsthilfegruppe für Chemikaliengeschädigte am Rathaus Wiesbaden einen Informationsstand, an dem wir Beratungsgespräche für Betroffene durchführten und Info-Material über Umweltchemikalien und ihre Wirkungen verteilten.

Wir mussten erneut und diesmal in weitaus stärkerem Umfang feststellen, dass es eine Vielzahl von Menschen gibt, die an schweren chronischen Krankheiten leiden, die aber vom Gesundheitssystem einschließlich der Krankenkassen, Berufsgenossenschaften sowie von Ärzten und Kliniken völlig im Stich gelassen werden. Die Begründungen klingen gleich: "Was, Sie sind Hartz IV? Sie können keine Zuzahlungen für Therapien leisten? Dann tut es uns leid, Sie sind im Rahmen der Kassenleistungen austherapiert!" Mögliche umweltbedingte Ursachen für die Krankheiten werden grundsätzlich in Frage gestellt oder abgelehnt. Für eine notwendige Diagnostik würden Zeit und Geld fehlen. "Wir können Sie aber in eine psychiatrische oder psychosomatische Klinik überweisen, das zahlt auch die Kasse", das ist die Standardlösung für Sozialhilfe-Empfänger. Besonders erschreckend war, dass es meist junge Betroffene waren, im Alter zwischen 30 und 40 Jahren, arbeitunfähig, verzweifelt, hilflos und vom Medizinsystem abgeschoben. Darunter z.B. eine junge Frau, alleinerziehend, arbeitslos, Hartz-IV, die Haut von Ekzemen entstellt, in der Krankengeschichte massive Chemikalienbelastungen, darunter Anästhetika als ehemalige OP-Schwester, Wohnung gekündigt und ab Mitte September obdachlos. Die Ärzte verweigern notwendige Allergie- und Autoimmun-Diagnostik, weil Spezialtests nicht im Krankenkassen-Katalog stehen. Solche Menschen, mindestens etwa 10 ähnliche Fälle, kamen zum Stand unserer SHG und erwarteten Hilfe von uns, die wir selbst betroffen sind.

Muss man noch viele Worte verlieren über das grundlegende Versagen dieses Gesundheitssystems? Ein System, in dem das Budget der Ärzte und die staatlich verordnete Deckelung Priorität vor dem ärztlichen Auftrag zur Hilfe haben?

Wir haben den Eindruck, dass sich hier ein sozialer Sprengstoff ansammelt, der, wenn er einmal explodiert, unbeherrschbar sein wird, wenn nicht bald grundlegende Änderungen zu Gunsten der Patienten speziell im Bereich der Umweltmedizin und der Umwelt-Vorsorge geschehen. Hier sind Menschen, die außer einem elenden Leben nichts mehr zu verlieren haben!

Presseerklärung zum Freitod eines Mitgliedes unserer Selbsthilfegruppe

Mit Bestürzung haben die Mitglieder der Selbsthilfegruppe Chemikaliengeschädigte und Umweltkranke Wiesbaden vom Freitod einer Mitgiedes ihrer Selbsthilfegruppe erfahren.

Wie Ihr hinterbliebener Mann mitteilte, hat seine Frau den Tod aus Wut, Verzweiflung und Depression wegen der von den Ärzten und Kliniken nicht adäquat behandelten unerträglichen Beschwerden gesucht. Sie hat zuletzt keine Medikamente mehr vertragen, zeigte typische Symptome der Multiplen Chemikalien-Überempfindlichkeit (MCS) und musste deshalb unerträgliche Schmerzen wegen verschiedener chronischer Entzündungen und einer operierten und nicht ausgeheilten Hüfte ertragen. Sie litt auch unter der diskriminierenden Behandlung durch Ärzte des Wiesbadener St.-Josephs-Hospitals, die ihren Hinweis auf die Chemikalien-Überempfindlichkeit mit abfälligen Bemerkungen kommentiert hatten und eine rein psychische Diagnose propagierten.

Die Frau hatte seit Jahren einen Leidensweg hinter sich. Ein wesentlicher Auslöser der Krankheit waren Polstermöbel, die nach chemischen Analysen eine ganze Palette von Schadstoffen enthielten, darunter Flammschutzmittel, Formaldehyd und Weichmacher. Beide Ehepartner erkrankten einige Monate nach dem Kauf der Möbel. Nachdem ein Labor ein Gutachten über die Chemikalien erstellt hatte, verurteilte ein Wiesbadener Zivilgericht die Firma, die Möbel zurückzunehmen und die Kosten zu erstatten. Damit konnte aber die chronische Krankheit nicht beseitigt werden. Im weiteren Verlauf verschlimmerte sich die Krankheit bei der Frau. Sie erwarb eine Überempfindlichkeit gegen alle flüchtigen organischen Stoffe, wie u.a. Duftstoffe, Autoabgase und Lösungsmitteldämpfe. Die Medikamenten-Überempfindlichkeit war besonders folgenreich, da sie vielfache chronischen Entzündungen wie Polyarthritis u.a. und die damit verbundenen Schmerzen nicht therapieren konnte.

Die Selbsthilfegruppe hält diesen Freitod für einen verzweifelten Protest gegen die Schulmedizin, die nicht in der Lage ist, auf das komplexe Krankheitsbild MCS adäquat und rücksichtsvoll zu reagieren und ein entsprechendes Behandlungskonzept zu entwickeln.

Die SHG macht sich selbst zum Vorwurf, sich nicht noch mehr um die Frau gekümmert und auf die behandelnden Ärzte eingewirkt zu haben, obwohl ein Anschreiben verfasst worden war, mit dem das Krankheitsbild als Information für die Klinik und deren Ärzte dargestellt worden war. Das war leider ohne Erfolg.

Dieser Fall ist kein Einzelfall. Immer wieder erfährt die Selbsthilfegruppe von verzweifelten Freitodesfällen oder entsprechenden Versuchen. Hintergrund: Patienten mit Chemikalien-Überempfindlichkeit vertragen die üblichen Schmerzmedikamente meist nicht. Sie sind teilweise gezwungen, Operationen und Eingriffe ohne Narkose zu erdulden. Die Ärzte an den Kliniken können mit der Diagnose MCS nicht umgehen und verweisen auf psychische Diagnosen, um nach außen den Eindruck zu erwecken, angesichts einer ratlosen Situation überhaupt etwas getan zu haben. Der Fall weist auf grundlegende Defizite des gegenwärtigen Gesundheitssystems einschließlich der Ärzte, Kliniken und Krankenkassen, die sich nicht in der Lage sehen, umweltbedingte schwere Krankheiten als solche zu akzeptieren und enstprechend fachgerecht zu behandeln bzw. deren Behandlungskosten zu erstatten. So hätte die Frau alternative Schmerzmittel wie z.B. Hanf-Präparate benötigt, die aber von den Krankenkassen nicht bezahlt werden. Da dies nicht erfolgte, musste der Ehemann im Juni 2008 die Leiche seiner Frau identifizieren, nachdem sie am Ufer des Rheins bei Niederwalluf angeschwemmt worden war.

Aus diesem Vorfall ergibt sich für die Selbsthilfegruppe das Ziel, weiterhin mit noch größerem Nachdruck endlich eine wirksame Präventionspolitik gegen Chemikalienbelastungen in allen Umweltbereichen einfordern. Ferner müssen alle medizinische Institutionen (Kliniken, Ärzte, Krankenkassen) chemikalien-bedingte Krankheiten anerkennen und geeignete Therapieverfahren anwenden.

Wiesbaden, den 21.7.08,
für die SHG
H.U. Hill

Aktivitäten der Selbsthilfegruppe (SHG) und wichtige Themen/ Aktuelles:

1. Neue Schadstoffe in Lebensmitteln
2. Chemie-Sondermüll
im Rheingau und Folgen
3. Nato-Treibstoff JP8
4. PCB an Schulen
5. Luftbelastung
durch die Nass. Touristikbahn
6. Zur Dioxinbelastung von Freilandeiern
7. Gleichzeitig zwei Chemikalienbelastungen in Wiesbaden und Umgebung
(05.06.2007)
8. Pestizide: Freund oder Feind? Europäisches Parlament (
26.06.2007)
9.
Umweltmedizinische Vortragsveranstaltung der GSF am  26.7.07 in Frankfurt:
   Diffamierung von Umweltpatienten

1. Neue Schadstoffe in Lebensmitteln

Ein erst in letzter Zeit entdeckter Schadstoff in Speisefetten (raffinierte Pflanzenöle und -fette) ist der 3-MCPD-Fettsäureester, eine Verbindung aus 3-Chlor-1,2-propandiol (3-MCPD) und Fettsäuren. Diese Verbindungen entstehen durch eine Reaktion von Fettbestandteilen und Chlor bei hoher Temperatur und hohem Druck, wie dies bei der Raffination von Pflanzenölen der Fall ist.

3-Chlor-1,2-propandiol (3-MCPD) entsteht bei der Verarbeitung von Lebensmitteln. Dies ist zum einen bei der Herstellung von Sojasoße oder hydrolysiertem Pflanzenprotein (HVP) der Fall. Während der sauren Hydrolyse von Pflanzeneiweiß, die häufig mit Salzsäure durchgeführt wird, reagieren im pflanzlichen Ausgangsmaterial enthaltene Lipidreste nach Abspaltung von Fettsäuren und anschließender Reaktion des Glycerinrestes mit Chlorid zu 3-MCPD. Die Bildung von 3-MCPD ist jedoch auch möglich, wenn fett- und salzhaltige Matrices hohen Temperaturen ausgesetzt werden, z.B. beim Backen von Brot. Hier wird freies Glycerin durch Hochtemperaturhydrolyse aus Triglyceriden gebildet [1] und kann mit Chlorid reagieren.3-MCPD wirkt im Tierversuch bei Ratten in hohen Dosen cancerogen, daneben wurde in vitro Genotoxizität festgestellt. Diese konnte in neueren Toxikologiestudien jedoch nicht in vivo bestätigt werden. Die beobachteten Tumore werden daher vermutlich durch ein von 3- MCPD verursachtes hormonelles Ungleichgewicht verursacht, der Stoff wirkt also auf das Hormonsystem und aktiviert offenbar Zellwachstumsfaktoren, die das Tumorwachstum verstärken.

(nach http://www.lebensmittel.org/lebensm/mcpd.htm)

Nach Ökotest Nr. 4, 2008, S. 20ff., ist 3-MCPD in fast allen käuflichen Fetten und Ölen nachzuweisen. In etwa 1/3 bis 1/4 der untersuchten Pflanzenöle und Margarinen ist der Grenzwert für die akzeptable tägliche Aufnahme (TDI-Wert) entweder zu 50% erreicht oder auch in Einzelfällen weit überschritten.

Auch Backwaren, vorwiegend solche aus großen Backshop-Filialen, enthalten in etwa 1/5 der untersuchten Proben entweder das Pilzgift Deoxynivalenol und/oder den 3-MCPD-Fettsäureester. Hinzu kommt, dass alle Fertigbackmischungen, wie sie in den Backshops verwendet werden, eine ganze Reihe von Zusatzstoffen enthalten, die zur Standardisierung der Backeigenschaften der Backmischungen dienen: Emulgatoren, darunter Diacetyl-Weinsäureester, der im Tierveruch Nieren- und Herz-toxische Eigenschaften zeigte, ferner Säuerungsmittel, Dickungsmittel, Stabilisatoren, Färbemittel, Ascorbinsäure (Vitamin C), und Enzyme.

Schlussfolgerung: Hier zeigt sich einmal mehr, dass die Anpassung der Lebensmittel-Herstellung an rationalisierte Produktionsprozesse durch Großbetriebe mit einer zunehmenden Belastung durch Fremdstoffe verbunden ist, die nicht der Ernährung des Menschen, sondern den Produktions- und Verteilungsprozessen dienen. Sie sind also nur den Verwertungsinteressen der Hersteller nützlich. Wir sollten dies ablehnen und nur noch auf Waren aus örtlicher Kleinproduktion, z.B. dem Bäcker an der Ecke, dem Bioladen oder aus biologisch zertifizierten Betrieben, zurückgreifen. Dabei zeigt sich außerdem: Gesunde, d.h. weitgehend schadstoffreie Lebensmittel, können im Preis oft nicht mit den belasteten Lebensmitteln aus der Massenproduktion im Supermarkt oder dem "Backstore" konkurrieren. Es gibt - ebenso wie die 2-Klassen-Medizin - offenbar eine 2-Klassen-Ernährung: Für die Hartz-4-Empfänger ist das 3-MCPD-belastete Billigbrötchen gerade gut genug, für Biobrötchen ist kein Geld mehr übrig.

 

2. Ehemalige Sondermüll-Deponie der Fa. Koepp im Pfingstbachtal bei Oestrich-Winkel

Der SHG sind Adressen mehrerer Anwohner/ Innen aus der Umgebung des Deponiestandortes im Pfingstbachtal bekannt, die entweder unter andauernden chronischen Beschwerden leiden oder im Laufe der Jahre mehrere behinderte Kinder bekommen haben. Die Betroffenen teilten uns mit, dass auch noch in den letzten Jahren giftige Rauchschwaden von Bränden auf der Deponie über besiedelte Gebiete gezogen waren, und dass das Trinkwasser nach wie vor „nach Chemikalien schmecke“.

Wir haben daraufhin sowohl die Kreis-Gesundheitsbehörden in Bad Schwalbach als auch das Staatliche Umweltamt in Wiesbaden gebeten, gemäß Umweltinformationsgesetz die bislang erhobenen Messdaten zur Verfügung zu stellen, um Ausmaß und Gefährdungspotential durch die chemischen Altlasten abschätzen zu können.

Nachdem wir mittlerweile Messdaten vom Staatlichen Umweltamt erhalten haben, ergibt sich folgende vorläufige Einschätzung: die Schadstoffe (verschiedene Schwermetalle und Chlorierte Kohlenwasserstoffe) sind offensichtlich weitgehend im Boden gebunden und geben nur Spuren in die Luft und ins Grundwasser ab. Geltende Belastungsrichtwerte werden nicht überschritten.

Besonders in der Altlast „Kühnsmühle“ sind jedoch erhöhte Werte von Blei, Quecksilber und auch an einer Stelle Dioxin nachgewiesen worden. Diese Schadstoffe sollen aber nach Auskunft des Umweltamtes (Herr Densky) im deponierten Material „festliegen“ und weder mit dem Wasser ausfließen noch mit der Luft ausgasen.

Wir meinen dazu:
Wir betrachten die seit Jahren von der Giftmülldeponie ausgehende Belastung von Luft, Grundwasser und Boden mit Schwermetallen und chlorierten Kohlenwasserstoffen dennoch als eine potentielle Gesundheitsgefährdung für die Anwohner.

Chlorierte Kohlenwasserstoffe, zu denen die Dioxine gehören, reichern sich auch bei geringsten Emissionen sowohl in der Umwelt als auch im Fettgewebe des Menschen an und können langfristig chronische Gesundheitsbeschwerden verursachen, dies auch noch Jahre nach der Einwirkung.
Ebenso erzeugen Quecksilber- und Bleibelastungen chronische Funktionsstörungen und Beschwerden des Nerven- und Immunsystems.

Die deponierten schadstoffhaltigen Materialien sollten daher grundsätzlich und umgehend vom Verursacher, der Fa. Koepp und deren Nachfolger, beseitigt werden.

 

3. NATO-Treibstoff JP-8 gefährdet aktuell chemikaliensensible Bewohner Wiesbadens!

Kurz vor Beginn des 2. Golfkrieges nimmt die aktuelle Flugtätigkeit von Militärtransportern auf der Air-Base am Frankfurter Flughafen stark zu. Dabei benutzen diese Flugzeuge auch die Start- und Landekorridore, die über Wiesbadener Stadtgebiet verlaufen.

Die amerikanischen Militärflugzeuge benutzen als Treibstoff seit 1990 ein besonderes Schadstoffgemisch mit der Bezeichnung JP-8, das u.a. das schwer abbaubare und hochtoxische 1,2-Dibromethan enthalten soll (nach Angaben von Prof. O.Wassermann, Kiel)

Der JP-8-Treibstoff der NATO-Kampfflugzeuge und Militärfahrzeuge soll nach verschiedenen teilweise geheim gehaltenen Berichten stark krebserregend sein und Missbildungen, Leukämie und MCS erzeugen. JP-8 habe bei Tierversuchen mit Mäusen deren Immunsystem „völlig zerstört“, wie der US-Toxikologe Mark Witten von der Universität Tuscon, Arizona, berichtete. Nach Otmar Wassermann von der Universität Kiel soll der hochgiftige Inhaltsstoff 1,2-Dibromethan für diese Wirkungen verantwortlich sein. Die genaue Zusammensetzung des Treibstoffes wird vom US-Militär geheim gehalten. Die Bestandteile stehen im Verdacht, bei Bewohnern in der Umgebung der Militär-Flugplätze Leukämie auszulösen, wie dies bei 14 Kindern in der Nähe der Flugbasis in Fallon, Nevada, der Fall ist. Dort entweicht der Treibstoff JP-8 aus Pipelines und Lüftungen.

Die JP-8-Bestandteile verursachten bei Tierversuchen nach Angaben von „New Scientist“ Tumore, Missbildungen und Fehlgeburten.
Auch deutsche Fliegerhorste werden mit JP-8 beliefert. JP-8 unterscheidet sich vom Kerosin-Typ Jet-A der Zivil-Luftfahrt nur durch einige Zusatzstoffe.

Der JP-8-Treibstoff wird auch für die Multiple Chemikalien-Sensitivität (MCS) verantwortlich gemacht, wie sie bei mehreren Tausend Soldaten des ersten Golfkrieges 1991 aufgetreten ist. (Greenpeace-Magazin 5/2001, 4; WK, 23.1.03, Alexandra Lenz).
Bei einem Mitglied unserer SHG traten seit Beginn des Jahres 2003 neben starken Allgemeinbeschwerden (Kopfschmerzen, Erschöpfung, allg. Schwächegefühl) starke Hautauschläge am ganzen Körper auf. Die Laboranalyse ergab einen erhöhten organischen Bromgehalt im Blut!

Eine Wiesbadener Ärztin hat in ihrer Praxis die auffällige Beobachtung gemacht, dass seit Ende 1990 sowie seit Beginn dieses Jahres 2003 die Zahl der Patienten mit besonderen Beschwerden und Entzündungen an den Augen deutlich zunahm. Ende 1990 begannen bekanntlich die verstärkten Flüge von US-Truppentransportern zur Vorbereitung des 2. Golfkrieges, und Gleiches erleben wir nun vor dem 3. Golfkrieg. Ein Zusammenhang der beobachteten gesundheitlichen Beschwerden mit dem verstärkten Militärflugbetrieb liegt nahe.

Wir begrüßen daher sehr, dass die Wiesbadener Rathausfraktion der Grünen bei den Stadträten Pös (Umwelt) und Bendel (Gesundheit) Auskunft über den Einsatz des JP-8-Treibstoffs im Umfeld des Flugplatzes Erbenheim ersucht haben.
Darüber hinaus ist aber ein Umweltmonitoring für 1,2-Dibromethan im Stadtgebiet von Wiesbaden, d.h. ein Laboranalysenprogramm für Boden, Wasser und Luft, unbedingt zu fordern, um den Beweis für die Ursache der Gesundheitsbeschwerden führen zu können.

Falls dabei erhöhte Werte von Brom-Schadstoffen festgestellt werden sollten, muss die Stadt bei den US-Streitkräften unverzüglich vorstellig werden!

 

4. Das Thema Schadstoffe, vor allem PCB an Schulen beschäftigt uns weiter auf unabsehbare Zeit.

Auch wenn die Wilhelm-Leuschner-Schule und die Theodor-Fliedner-Schule fertig saniert sind, die Gesamtschule Klarenthal abgerissen und neu aufgebaut wurde, und die Diltheyschule 2005/2006 (wenn auch 7 Jahre zu spät) saniert wurde, sind Schüler/ Innen und Lehrer/ Innen, die jahrelang PCB eingeatmet haben, von oft lebenslangen Gesundheitsstörungen im Nerven- und Immunsystem, sowie von einem erhöhten Krebsrisiko betroffen! Außerdem wird in der Turnhalle der Diltheyschule, die mit den 3 Schadstoffen Lindan, Pentachlorphenol und PCB belastet ist, weiterhin Sport getrieben. Dies wissen sowohl das Schulamt, die Schuldezernentin Thies, die Schulleitung, das Lehrerkollegium und auch die Elternschaft der Diltheyschule. Damit verstoßen alle genannten Beteiligten gegen den Grundsatz der Gesundheitsvorsorge für die Schüler, Lehrer und Dienstpersonal. Wenn sich Eltern, Lehrer, Schüler und Personal nicht endlich gegen die mit ihrer Dienst- bzw. Schulpflicht verbundene Schadstoffbelastung wehren, müssen sie wohl oder übel die Konsequenzen einer schleichenden und chronisch verlaufenden Erkrankung des Immun- und Nervensystems sowie einer erhöhten Krebshäufigkeit in Kauf nehmen!

Wir sammeln zur Zeit Berichte von Gesundheitsstörungen ehemaliger Schüler/ Innen und betroffener Lehrer/ Innen, und können schon jetzt auf gewisse Übereinstimmungen bei der chronischen Krankheitssymptomatik verweisen.

Wir fordern alle betroffenen Schüler/ Innen (auch ehemalige) und Lehrer/ Innen auf, uns Berichte über ihre Krankheitsgeschichte im Zusammenhang mit erwiesenen PCB-Belastungen mitzuteilen.

 

5. Luftbelastung durch die Nassauische Touristikbahn

Auch wenn ich selbst Dampflok-Fan bin, aber so geht es nicht:

Nach Angaben von Betroffenen werden seit Jahren auf dem Gelände des Bahnhofs Dotzheim durch den Betrieb der beiden Dampflokomotiven der Nassauischen Touristik-Bahn unverhältnismäßig viel schwarzer Rauch sowie stark nach unbekannten Chemikalien riechende Abgase erzeugt und in die Umgebung der Stadtteile Wiesbaden-Dotzheim und –Kohlheck emittiert. Der größte Teil der Belästigungen entsteht offenbar bei den stundenlangen oft bis weit in die Nacht reichenden Reparaturarbeiten an den Dampflokomotiven auf dem Gelände des Bahnhofs, bei denen die Dampfkessel aufgeheizt und offensichtlich gesundheitlich stark beeinträchtigende Chemikalien unbekannter Art eingesetzt und emittiert werden. Anwohner berichten von „starkem Chemikalien-Geruch“, der stärker belastend wirke als der im Normalbetrieb der Lokomotiven abgegebene Rauch.

„Es stinke an manchen Tagen nur nach Chemie und wie verbrannte Autoreifen“, so eine Anwohnerin aus der unmittelbaren Umgebung.

Besonders am 15.9.03 sei die Abgasbelastung von 19 Uhr bis morgens um 6 Uhr anhaltend so unerträglich gewesen, dass eine durch allergische Chemikalien-Überemfindlichkeit vorbelastete Person schwer krank wurde: sie erlitt Erstickungs- und Hustenanfälle, Anschwellung der Augenlider verbunden mit starkem Brennen der Augen sowie Herzrasen. Diese Beschwerden dauerten bis zum 16.9. solange wie die Schadstoff-Emissionen vom Bahnhof-Dotzheim an und verschwanden danach wieder zum größten Teil.

Mehrmals wurde auch von anderen Anwohnern die Feuerwehr bemüht, um nach dem Dienstschluss der Behörden den Nachweis von Schadstoff-Emissionen aktenkundig zu machen – bislang jedoch ohne jeden Erfolg bezüglich einer Verminderung der Emissionen. Auch eine Bitte um Abhilfe an die Abteilung Immissionsschutz beim Umweltamt Wiesbaden blieb bislang ohne Erfolg.

Der Selbsthilfegruppe geht es mit dem Anliegen nicht grundsätzlich um ein Mittel zur Behinderung des Betriebs der Touristik-Bahn (einige von uns sind auch Dampflok-Fans!), sondern einzig um den gesundheitlichen Schutz von Betroffenen.

Die unterzeichnenden Betroffenen aus den Wohngebieten Dotzheim und Kohlheck in der Umgebung des Bahnhofs Dotzheim unterstützen mit ihrer Unterschrift daher folgende Forderungen an die Behörden und die Betreiber der Nassauschen Touristik-Bahn:

- Umgehende Einstellung des mit Schadstoff-Emissionen verbundenen Reparaturbetriebes an den beiden Dampflokomotiven in der Nähe von Wohngebieten (d.h. auch auf dem Bahnhofsgelände in Dotzheim),
- Verlegung dieses Betriebs an unbewohnte Orte (z.B. Hauptbahnhof Wiesbaden)
- Der Bahnbetrieb der Nassauischen Touristikbahn hat die gültigen Emissions- und
  Immissionsvorschriften nach BImschG und Luftreinhalteplan Hessen einzuhalten und die
  Emissionen soweit zu beschränken, dass auch Allergiker und Chemikalien-überempfindliche
  Personen nicht geschädigt werden!
- Die Umweltschutzbehörden der Stadt Wiesbaden sollen umgehend Auflagen und
  Vorschriften zum Schutz der gefährdeten Bevölkerung erlassen.
- Die dazu notwendigen Untersuchungen (Recherchen, chemischen Analysen zum Nachweis
  der vermuteten Schadstoffbelastungen) sind umgehend zu durchzuführen.
- Die Dampflokomotiven müssen effektive Filtereinrichtungen erhalten, um Ruß- und
  Schadstoffemissionen auf ein Minimum verringern. Andernfalls ist deren Betrieb – leider -
  solange stillzulegen, bis dieser Schutz gewährleistet ist. Technisch dürfte dies kein Problem
  sein: Jede emittierende Industrieanlage muss heute mit Staub- und Schadstofffiltern 
  ausgerüstet sein. Dann muss die Dampflok im Ruhebetrieb eben unter ein solches Ding
  gefahren werden.
Adresse: Dr. Hans-Ulrich Hill, Rudolfstr. 9, 65187 Wiesbaden, Tel. u. Fax 0611-409 401
 

6. Zur Dioxinbelastung von Freilandeiern

Offener Brief/ Presseerklärung an den Ausschuss für Umwelt und Sauberkeit der Stadt Wiesbaden und den Gesundheitsausschuss der Stadt Wiesbaden (- an den Umweltausschuss am 18.1.05 übergeben)

Nach einer Reihe von Skandalen wegen Chemikalien-Belastungen in Lebensmitteln (Pestiziden und Nonylphenol in Obst und Gemüse, Acrylamid in Gebäck, Weichmacher in Wurst, Azofarbstoffe in Nudeln, Wurst und Gewürzen, Polychlorierte Biphenyle in Futtermitteln, usw.) wurde am 14.1.05 erneut eine Belastung von Eiern aus Freilandhaltungen von Hühnern in mehreren Bundesländern Deutschlands bekannt. Diese angeblich neue Belastung ist nicht verwunderlich: sie wurde lediglich dadurch bekannt, dass die neuen EU-Grenzwerte für Dioxin deutlich niedriger liegen als die bislang gültigen. Daraus folgt, dass eine Dioxin-Belastung durch Eier von freilaufenden Hühnern schon über längere Zeit angedauert haben muss. Nur hat dies Niemanden, auch nicht die verantwortlichen staatlichen Stellen, gekümmert. Ferner ist daraus zu schließen, dass bundesweit die Böden erheblich mit Dioxin belastet sein müssen, da die Eier von freilaufenden Hühnern in mehreren Bundesländern offenbar einen höheren Dioxingehalt als die von Käfig-Hühnern haben. Nun daraus zu folgern, dass in Zukunft Eier von Hühnern aus Käfighaltung bevorzugt zu konsumieren seien, stellt einen typischen Kurzschluss dar, mit dem lediglich das grundsätzliche Problem verschleiert werden soll: Es gibt im gesamten Land offenbar eine übermäßig hohe Grundbelastung mit dem Ultragift Dioxin, das nun auf verschiedenen Wegen in die Nahrungskette und von da in den menschlichen Körper gelangt. Dort reichert es sich wegen seiner Fettlöslichkeit und chemischen Stabilität bevorzugt in fettartigen Geweben an. Dazu gehört vor allem das Nervensystem mit dem Gehirn als oberster Steuerzentrale des Organismus. Dioxin hat vielfältiger schädliche Wirkungen auf lebende Zellen: es kann nicht nur Krebs auslösen, es verändert den gesamten Stoffwechsel der Zelle, indem z.B. hochreaktive Zwischenprodukte (Metaboliten) wie z.B. Sauerstoffradikal-Verbindungen gebildet werden, die wiederum eine Kettenreaktion von schädlichen Reaktionen auslösen. Diese münden z.B. in entzündlichen Degenerationsvorgängen im Nervensystem. Folgen können chronische Nerven-Krankheiten wie Polyneuropathie, Multiple Sklerose, Parkinson oder vermutlich auch die Alzheimer Krankheit sein, abgesehen von Auslösung andauernder Erschöpfungszustände wie z.B. das Chronische Erschöpfungssyndrom (CFS).

Es erscheint uns – der Selbsthilfegruppe für Chemikaliengeschädigte Wiesbaden – unerlässlich, dass die verantwortlichen staatlichen Stellen (z.B. das Hessische Landesamt für Umwelt und Geologie) nicht nur die kontaminierten Lebensmittel, sondern auch die einzelnen Stationen der Nahrungskette, wie z.B. Futtermittel und Böden, verstärkt auf Dioxinbelastung untersuchen und dazu das nötige Personal in den Ämtern und Labors zur Verfügung stellen, anstatt das Personal der Umweltbehörden immer weiter einzusparen.

Wir ersuchen hiermit die zuständigen Ausschüsse des Stadtparlaments, bei den Umwelt- und Gesundheitsbehörden entsprechende Maßnahmen zu erwirken, um die Belastungssituation mit chlorierten Dibenzo-Dioxinen und Dibenzofuranen in Wiesbaden und Umgebung bezüglich Lebensmittel, Futtermittel und Böden aufzuklären.

Letztlich ist dieses Problem aber auf die Produktion und Anwendung von Schadstoffen durch die (Chemie-) Industrie zurückzuführen, wie am Beispiel der mit Dioxin verwandten Polychlorierten Biphenyle (PCB) an mindestens 10 Wiesbadener Schulen bereits seit 1990 bekannt ist.

Bisherige Reaktionen:
Am 26.1.05 teilte das Büro der Vorsitzende des Umweltausschusses, Frau Reinhard (Grüne) mit, dass sowohl der Umwelt- als auch der Gesundheitsausschuss das hessische Landesamt für Umwelt und Geologie beauftragt habe, die geforderten Messungen von Böden und Lebensmitteln im Raum Wiesbaden durchzuführen bzw. Ergebnisse von entsprechend durchgeführten Messungen zur Verfügung zu stellen. Es ist noch unklar, wie weit diese Ergebnisse veröffentlicht werden dürfen. Wir werden auf jeden Fall auf eine Veröffentlichung drängen.

Hinweis:
Eier aus biologischer Hühnerhaltung (auch freilaufend) enthalten mit großer Wahrscheinlichkeit nur geringe bis keine Spuren von Dioxinen. „Bioland“-Eier bieten ein großes Maß an Sicherheit vor Chemikalienbelastungen.

Es gilt wie bei allen Lebensmitteln: Einkauf nur von Produkten aus zertifiziertem biologischem Landbau schützt vor Chemikalienbelastungen.

2. Neue Trinkwassergefährdung durch Pestizide entdeckt

Im Grundwasser des hessischen Rieds wurden im Mai 2007 Spuren von
Chloridazon-Desphenyl gefunden, ein Abbauprodukt des Pestizids Chloridazon, das vor allem im Rübenanbau eingesetzt wird. Angeblich wurde eine Konzentration von bis zu
0,25 µg/L erreicht, „aber nicht überschritten“. Zugelassen sind zeitlich befristet 10 µg/L.
Nach Angaben des hessischen Sozialministeriums sei der Stoff bis zu diesen Konzentrationen „weder gesundheits- noch umweltschädlich“. Dennoch müssen die Gesundheitsämter nach Trinkwasserverordnung für die neue Verunreinigung eine Ausnahmegenehmigung verfügen. Danach werde die Verunreinigung auf 3 Jahre befristet geduldet. Bis dann sollen „angemessene Maßnahmen zur Abhilfe“ getroffen sein. (WK, 5.6.07, red.).

Hinweis: Für wasserlösliche Pestizide, Medikamentenrückstände, Asbestfasern, gibt es in der Trinkwasser-Verordnung keine Grenzwerte! (Natur u. Kosmos 8, 2005, 57).
Der angegebene Grenzwert des Sozialministeriums ist eine willkürliche Angabe und ohne toxikologische Relevanz.

Nach Recherchen in EU-Chemikaliendatenbanken ist die subakute Toxizität  (3-Monatsversuche mit Hunden) anscheinend relativ gering (NOAEL 28,8 mg/kg,
LOAEL 326,6 mg/kg). Weitere toxikologische Daten fehlen, die Datenlage ist unbefriedigend (wie bei vielen Pestiziden, die von der Industrie auf den Markt geworfen werden). Über das Abbauprodukt Chloridazon-Desphenyl gibt es offenbar auch keine Daten.

Grundsätzlich sind organische Hydrazin-Derivate wie Chloridazon jedoch als toxikologisch bedenklich einzuschätzen. Ein krebserregendes und/oder auch Leber-toxisches Potential ist möglich.

Kommentar:

An einem einzigen Tag (5.6.07) wurden in der Presse gleich zwei verschiedene schwerwiegende Belastungen durch toxikologisch bedenkliche Pestizide in Wiesbaden und Umgebung gemeldet. Die verharmlosenden Stellungnahmen der Behörden sind als Desinformation zu werten, die nur den Sinn haben, in der Öffentlichkeit keine Panik aufkommen zu lassen.

  Wildfleisch kann fortan nicht mehr als unbelastetes „natürliches“ Lebensmittel gelten, das als Alternative zum Supermarkt in Frage kommt. Die Belastung weist auf eine bedenkliche Anreicherung hochtoxischer Schadstoffe aus Altlasten in der Nahrungskette hin. Die gleichzeitige Belastung des Trinkwassers durch ein weiteres bedenkliches Pestizid deutet auf eine andauernde Mischbelastung der Bevölkerung durch Pestizide in allen wesentlichen Umweltbereichen – Boden, Wasser, Lebensmittel – hin. Der Hinweis der Behörden auf die Unbedenklichkeit der Belastung, weil Grenzwerte nicht überschritten seien, ist unverantwortlich, weil die gesamte Mischbelastung der Bevölkerung durch Schadstoffe außer Acht gelassen wird, und weil die besondere Gefährdung von Personen mit Chemikalien-Überempfindlichkeit (MCS) nicht berücksichtigt ist.

 

8. Pestizide: Freund oder Feind?
Europäisches Parlament  
26.06.2007

Das EU Parlament hat heute den Plänen der Europäischen Kommission zugestimmt, die Pestizidausbringung aus der Luft zu verbieten. Dies ist ein Teil einer weitreichenden Strategie, die Verwendung von Pestiziden zu reduzieren, die zwar den Bauern helfen, aber hochgradig schädigend für die menschliche Gesundheit und die Umwelt sein können.

Der erste Teil der Gesetzgebung, der aus dieser Strategie hervorgeht, ist ein Rahmenentwurf, der richtungweisend für eine umweltverträgliche Anwendung von Pestiziden ist.
Maßnahmen der Europäischen Kommission die Verwendung von Pestiziden zu stoppen, schließen Folgendes ein:

- nationale Aktionspläne der Mitgliedsstaaten zur Identifizierung der Feldfrüchte, Aktivitäten und Gebiete, die das höchste Risiko durch Pestizide tragen, zusammen mit Zielen, wie

das Problem anzugehen ist.
- Ausbildung für professionelle Anwender von Pestiziden und Schaffen von Bewusstsein bei der Bevölkerung
- Regeln für die Überprüfung von Pestizid-Ausrüstung und bezüglich der Handhabung und Lagerung von Pestiziden
- Spezielle Messungen, um das Wasser von Pestizidkontaminierung zu schützen
- Spezielle Messungen, um Gebiete zu identifizieren, wo keine oder nur sehr beschränkte Pestizidanwendung erlaubt sein soll
- das Verbot von Pestizidausbringung aus der Luft, wenn gleich mit Einschränkungen

Ziel der Gesetzgebung
Die MEPS stimmten ab, zu minimieren oder zu eliminieren, anstatt nur die Risiken von Pestiziden zu "reduzieren" (Vorschlag der Kommission). Der Bericht lässt es sich auch nicht nehmen, dass die Vorschrift sich nicht nur auf Agrarbereiche richten solle, sondern auch auf Nicht-Agrarbereiche.

Nationale Aktionspläne
Das Komitee weist die Idee für nationale Aktionspläne (NAPs) ab, beteuert aber, dass sie ein spezifisches EU Reduktionsziel, von 25% innerhalb von 5 Jahren, und 50% innerhalb von 10 Jahren, wie auch nationale Ziele bezüglich aktiven oder toxischen Substanzen aufnehmen wird. Der Bericht ruft die Mitgliedsstaaten ebenfalls auf, ein Steuersystem oder eine Erhebungen für Pestizide zu schaffen, um die NAPs zu finanzieren.

Ausbildung, Aufsicht und Pufferzonen
Die MEPs wiesen Pläne der Kommission bezüglich Ausbildung für Pestizidanwender und Händler zurück, um strengere, detailiertere Vorschriften zu diesem Punkt niederzulegen. Das Gleiche taten sie für die Klauseln hinsichtlich Bewusstseins- und Informationsprogramme für Pestizidanwender.

Um Wasserläufe zu schützen, beabsichtigt die Kommission "Pufferzonen" zu schaffen, in denen Pestizide weder angewendet noch gelagert werden dürfen. Die MEPs spezifizierten, dass diese Zonen mindestens 10 Meter breit sein sollten. Sie beschlossen ebenso, Pestizide in allen öffentlichen Bereichen zu verbieten ( z.B. Parks, Schulgrundstücke, Wohngegenden) und in "beträchtlichen Nicht-Sprühen-Zonen) um sie herum.

Der Entwurfsbericht, wie abgeändert, wurde von 34 gegen 11 Stimmen angenommen. Es gab 5 Enthaltungen.

Das Komitee nahm mit 54 gegen 0 Stimmen und einer Enthaltung einen Eigenintitiativebericht von Irena Belohorská bezüglich des Strategiethemas an. Die MEPs drängen jedoch die Kommission, Biozide in diese Strategie aufzunehmen.

Das Komitee begrüßt das "Substitutionsprinzip", durch das gefährlichere Substanzen vom Markt genommen werden, wenn sicherere Alternativen existieren. Das Komitee betont auch, dass die Regierungen zu "quantitativen Reduktionszielen" in den nationalen Aktionsplänen gedrängt werden, um die Pestizidmenge zu reduzieren. Die Mitgliedsstaaten werden weiterhin gedrängt, dem Anbau mit wenig Pestiziden und biologischem Anbau, sowie nicht-chemischen Alternativen, Priorität zu geben.

Pro und Contra von Pestiziden
Die Vorteile von Pestiziden bestehen darin, dass sie Anbauerträge und Produktqualität maximieren, Arbeitseinsatz minimieren, die Gesunderhaltung der Pflanzen unterstützen und den Handel von landwirtschaftlichen Produkten ermöglichen. Außer in der Landwirtschaft werden Pestizide zur Erhaltung von Holz und Stoff, sowie zum Schutz der öffentlichen Gesundheit eingesetzt. Auf der anderen Hand werden Pestizide in Zusammenhang mit immunologischen und hormonunterbrechenden Wirkungen, wie auch mit Krebs, in Verbindung gebracht. Föten, Kinder, schwangere Frauen und Ältere sind besonders gefährdet.

Pesticides: friend or foe?
Environment - 26-06-2007
European Parliament
http://www.europarl.europa.eu/news/expert/infopress_page/064-8251-176-06-26-911-20070625IPR08232-25-06-2007-2007-false/default_en.htm

Committee on the Environment, Public Health and Food Safety
In the chair: : Miroslav Ouzký (EPP-ED, CZ)
Procedures: Co-decision, first reading (Klass) - Own initiative (Belohorská)
Plenary vote: September I, Strasbourg

 

9. Umweltmedizinische Vortragsveranstaltung der GSF am  26.7.07 in Frankfurt:
Diffamierung von Umweltpatienten

Am 26.7.07 veranstaltete  die GSF München ein umweltmedizinisches Seminar zum Thema „umweltbezogener Gesundheitsschutz für sensible Bevölkerungsgruppen“. Einer der Referenten war Prof. Thomas Eikmann vom Institut für Hygiene und Umweltmedizin der Universität Gießen.

Der gesamte Vortrag von Eikmann war darauf angelegt, das Krankheitsbild MCS (Multiple Chemikalien-Überempfindlichkeit) nicht nur als nicht gegeben abzulehnen, sondern auch Vertreter und Anhänger des MCS-Konzeptes zu diffamieren.

E. verwendete keine Zeit, seine Argumente mit Literaturangaben zu belegen, sondern er reihte einfach abwertende und diffamierende Behauptungen aneinander. Er nannte einfach eine bestimmte Richtung der Umweltmedizin „klinische Ökologie“ und bewertet deren Konzepte als negativ: Diagnosen seien nicht valide, Konzepte „trügerisch“ und wissenschaftlich nicht begründet, der Umweltbezug sei nicht belegt. Basta! Folglich sind alle umweltmedizinischen Befunde, die eine chronische Krankheit mit unspezifischen Symptomen begründen, mit dem Negativ-Label „Klinische Ökologie“ behaftet, und dann braucht der „Kritiker“ Eikmann auch nicht mehr inhaltlich darauf einzugehen.

Die „Argumentation“ Eikmanns beruht auf schlichten negativen Assoziationen wie z.B.: Klinische Ökologie – esoterisches Glaubenssystem, oder: MCS – keine kausale Beziehung zwischen Umweltchemikalie und Krankheit. Begründungen oder Belege benötigt er dafür nicht.

Ansonsten verwendet er unlautere Argumentationstricks wie diesen: Die MCS-Symptome würden nach den „Dogmen“ der klinischen Ökologie durch „Reizmittel“ ausgelöst; Reizmittel könnten aber nur an Körperoberflächen wie Schleimhäute oder Haut wirken. MCS hat aber angeblich systemische innere Symptome. Daher habe sich das ganze „Glaubenssystem“ MCS selbst widerlegt. Der Trick hierbei: Er wählt willkürlich den unpassenden Begriff „Reizmittel“, unterstellt diesen den MCS-Befürwortern und führt dann den falschen Begriff auf deren angeblichen Fehler zurück. Ein unlauterer Zirkelschluss!

Ferner: E. zitiert auf 3 Schaubildern Äußerungen von Selbsthilfegruppen unkommentiert, so u.a. dass „eine zunehmende Zahl von chronischen Krankheiten … häufig in Zusammenhang mit Schadstoffbelastung auftreten“.  Er kommentiert diese Feststellung nicht, sondern winkt lediglich abfällig mit der Hand und grinst.

Bilder eines MCS-Betroffenen, der in einem zeltartigen Verschlag leben muss, weil die Wohnung inkompatibel geworden ist, erscheinen im Kontext des Vortrags wie Dokumente von „armen Irren“. MCS-Patienten seien vom falschen Glaubenssystem irregeleitet, sie seien Opfer einer „iatrogenen Fixierung“. 

Diese „Argumentation“ hat System, sie erscheint von Kommunikationspsychologen antrainiert, um in der Auseinandersetzung oberflächlich eine dominierende Position  einzunehmen und hat nichts mit dem von E. beschworenen „sachlichen Dialog“ zu tun. Es kommt darauf an, in der Öffentlichkeit zu auf unterstem Niveau zu beeindrucken und zu desinformieren. Die anwesenden Hausärzte applaudierten artig.

 In wessen Auftrag geschieht das?  Wir wissen nicht, von welchen Drittmitteln das Institut für Hygiene und Umweltmedizin des Prof. Eikmann finanziert wird. Wir wissen nur, dass es heute in diesem Land keine unabhängige und freie Wissenschaft mehr gibt, und dass Drittmittel aus der Industrie Ziele, Inhalte und Ergebnisse bestimmen. Wir wissen, dass eine Anerkennung von MCS als Krankheitsbild Hersteller und Anwender von Chemikalien mit Entschädigungsforderungen konfrontieren würde. Wir wissen ferner, dass 70% der umweltmedizinischen und 90% der MCS-Patienten nach Anamnese und Diagnostik an diesem Eikmann-Institut in psychiatrischer oder psychosomatischer Behandlung landen, und dass der Hauptsponsor der GSF-Tagung in Frankfurt am 26.7.07, auf dem Eikmann auftrat, der Verband der Chemischen Industrie (VCI) war.

 Wir wehren uns dagegen, dass Hausärzte auf derartig einseitig ausgerichteten Desinformationsveranstaltungen ihre 8 Fortbildungspunkte für die Falschinformation bekommen, dass es chemikalienbedingte Umweltkrankheiten nicht gäbe, und dass derartige Patienten durch psychotherapeutische Gehirnwäsche zur „Einsicht“ umerzogen werden sollen, dass ihre Krankheit auf einem Defekt ihres Zentralorgans beruhe.

Selbsthilfegruppe für Chemikaliengeschädigte und Umweltkranke in Wiesbaden und Umgebung

28.07.2007

 

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